Gewürzhändler

Mit einer Gruppe war ich in diesem Jahr in Jordanien. Zum Abschluss unserer Reise wohnten wir zwei Tage in Aqaba am Roten Meer. Am letzten Abend wollten wir noch den Markt von Aqaba besuchen, um dort bei einem Gewürzhändler, den unser Reiseleiter uns empfohlen hatte, noch ein bisschen einzukaufen. Durch die verzweigten Gassen in DownTown entdeckten wir so einige interessante Läden und Passagen. Nur der Gewürzhändler war weit und breit nicht zu sehen. Nach einer Weile des Suchens entschieden wir uns, bei den Einheimischen um Unterstützung zu bitten. Ein paar junge Männer schickten uns um mehrere Straßenecken. Doch offenbar hatten sie uns nicht richtig verstanden, denn anstatt eines Gewürzhändlers entdeckten wir dort nur ein Restaurant. Satt waren wir jedoch längst ... ;-) Also kehrten wir wieder um, steuerten den nächsten Straßenzug an. Ohne Erfolg. Ein Teil der Gruppe entschied, noch einmal ein paar Männer zu befragen, die vor einem kleinen Laden beieinander saßen, während wir anderen zusammenstanden, um auf das Rechercheergebnis der Fragenden zu warten. 

Wir unterhielten uns und ich sagte zu einer meiner Mitreisenden: "Das gibt es doch nicht, dass wir mit zwanzig Leuten nicht in der Lage sind, diesen Händler zu finden. Keiner von uns findet Al Baba."

Neben uns stand ein Einheimischer, der mir bis zu diesem Moment gar nicht aufgefallen war. Doch nun regte sich dieser Herr, sprach mich an. "Sie suchen Al Baba?"

Ich: "Ja, der mit den Gewürzen." (Denn ich wollte nicht erneut zum Restaurant geschickt werden)

Er sprang aufgeregt neben mir. "Komm mit. Ich zeige dir. Das ist mein Freund." 

Wir verständigten uns halb auf Deutsch, halb auf Englisch. Und in seinem Gesicht erkannte man die Freude, weil er seinem Freund nun offenbar ein gutes Geschäft bescherte. 

Schnell riefen wir den Rest unserer Gruppe zu uns, der nette Herr führte uns weiter zum Laden seines Freundes und verabschiedete sich dann freundlich von uns. Ich bedankte mich bei ihm und nun konnten wir alle nach Herzenslust einkaufen. Leckere Gewürze, duftenden Kaffee und feine Räucherwaren landeten in unseren Taschen.

Zufrieden begannen wir dann unseren Rückweg zum Bus. Wir kannten ja nun schon einige Seitengassen und waren uns sicher, wenn wir die zweite Gasse nach links abbiegen, würden wir den Bus schneller erreichen. So bogen wir in diese Gasse ein. Mein Blick schweifte über die Läden in dieser Gasse. Da entdeckte ich den netten Herrn von vorhin wieder. Er stand vor einem Gewürzladen und strahlte mich an. 

Bevor ich etwas sagen konnte, deutete er mit einer ausladenden Armbewegung in den Laden und sagte: "Das hier ist mein Laden."

Ich schluckte, versuchte das Gehörte zu sortieren. Konnte das wirklich sein? Er hatte uns zu seinem Konkurrenten geführt, obwohl er sicher wusste, dass ihm selbst damit ein ordentliches Geschäft entging? Mein Herz hüpfte vor Begeisterung und vor Dankbarkeit. Denn solche Momente geben Hoffnung, dass es die guten Menschen gibt. Manchmal stehen sie neben uns und wir erkennen sie kaum. 

 

Diese Begegnung war für mich eine ganz berührende. Ich werde den freundlichen Herrn sicher nie vergessen. Und ich werde seine Art das Miteinander zu leben nie vergessen. Zugleich werde ich versuchen, genau dieses Miteinander auch in meinem Leben immer wieder lebendig werden zu lassen. Als Herzwärmer.

 

P.S. Ich konnte nicht anders und habe bei dem netten Herrn auch nochmal eingekauft. Seine besonderen Produkte landen bei mir nun immer wieder im Tee, im Essen oder in der Kaffeetasse. Jedes Mal wird diese Begegnung wieder lebendig. Wie schön, dass ich es erleben durfte.